Neue Netz-Adressen

Vergabe von neuen Netz-Adressen beginnt
Unternehmen oder Städte können sich ab jetzt um eine neue Adresse mit Endungen wie .zuerich, .reise oder .hotel bewerben. Ungeachtet der Kritik der US-Regierung startet die Vergabe neuer Internet-Domain-Endungen. Die Internet-Verwaltung ICANN nimmt nach einer langen Vorbereitungsphase an diesem Donnerstag erste Bewerbungen an.

«Alle interessierten Institutionen sollten jezt aktiv werden, wenn sie die neuen Möglichkeiten schnell nutzen wollen», sagte Dieter Kempf, Präsident des IT-Branchenverbands Bitkom. Bis November 2012 werden die Anträge auf so genannte Generic Top Level Domains (gTLD) von der ICANN geprüft. Anfang 2013 sollen dann die ersten Adressen mit den neuen Endungen an den Start gehen. Für einprägsame Adressen mit Endungen wie .com, .org, .net oder .de waren die Möglichkeiten zuletzt vielfach knapp geworden. Die Erweiterung der Domain-Endungen ist ein historischer Schritt, der die Möglichkeiten deutlich erweitern soll. Neben regionalen Adress-Endungen wie .berlin oder .hamburg können nun auch Firmen- und Branchennamen wie .nokia oder .reise als Endung registriert werden. Private Nutzer können dagegen keine neue Homepage-Endung beantragen. Wer eine neue Domain-Endung erwirbt, zahlt allein für die Bewerbung rund 120 000 Euro und übernimmt dann die kompletten Aufgaben eines Internet-Unternehmens. Die US-Regierung hatte die ICANN erst Anfang Januar aufgefordert, die Pläne noch einmal zu überdenken. Viele Unternehmen hätten in Beratungen mit dem US-Wirtschaftsministerium die Erweiterung der Adressräume kritisiert. Sie befürchteten, dass Unbefugte ihre Unternehmens- oder Markennamen als Top Level Domain registrieren könnten. Der Vorsitzende der amerikanischen Handelskommission FTC, Jon Leibowitz befürchte sogar ein «potenzielles Desaster», das mehr Online-Kriminalität zur Folge haben wird, berichtet das «Wall Street Journal».

Wer nicht vorhat, eine eigene Top Level Domain zu beantragen, sei aber «nicht schutzlos dem Markenklau ausgeliefert», sagt Rechtsanwalt Thomas Rickert, Direktor des eco Names & Numbers Forums. «Es ist aber wichtig, über die Möglichkeiten informiert zu sein und Fristen einzuhalten.» So biete die Vergabestelle ICANN eine Reihe von Möglichkeiten, wie Markenrechtsinhaber sich gegen Markenrechtsverletzungen schützen könnten. Sie sollten sich etwa beim sogenannten Trademark Clearing House registrieren lassen. Auch in der Internet-Gemeinde stossen die neuen gTLDs nach anfänglicher Begeisterung auf Kritik. Mit der Erweiterung der Endungen werde kein Vorteil, sondern nur Redundanz produziert, von der letztendlich nur Google profitiere, sagte die Internet-Pionierin Esther Dyson dem «Wall Street Journal». Wenn ein Unternehmen wie die Hotel-Kette Marriott neben der Adresse marriott.com auch marriott.hotel registrieren könne, würden sie ihre Marke mit einer Reservierung der TDL schützen müssen, auch wenn das Unternehmen die neue Domain nie gebrauchen würde. Für Marken-Anwälte könne daraus ein lukratives Geschäftsfeld entstehen. Die ICANN werde das Bewerbungsverfahren besonders transparent und fair gestalten, versicherte zuletzt der neue Chef Rod Beckstrom. Seiner Einschätzung nach wird die geplante Erweiterung mehr Wettbewerb und mehr Optionen für einprägsame Web-Auftritte ermöglichen. Das Oberhaupt der afrikanischen Volksgruppe der Zulu wolle beispielsweise das Suffix .zulu für alle über viele afrikanischen Länder verstreuten Stammesmitglieder registrieren lassen, sagte Beckstrom dem «Wall Street Journal». Auch die Katalanen in Spanien hätten Interesse an einer gemeinsamen Endung .cat bekundet. Der Internet-Verband eco schaltet an diesem Donnerstag zwischen 10 und 17 Uhr eine Hotline, über die noch einmal über grundsätzliche Fragen informiert werden soll. Neben allgemeinen Fragen, wie man sich noch kurzfristig bewerben kann, will der Verband auch darüber Auskunft geben, wie ein Unternehmen seine Marke davor schützen kann, dass entsprechende Endung von Dritten registriert wird.

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