Brasilien

Brasilien
Brasilien (portugiesisch Brasil, gemäss Lautung des brasilianischen Portugiesisch ist der flächen- und bevölkerungsmässig fünftgrösste Staat der Erde und mit über 192 Millionen Einwohnern der bevölkerungsreichste Südamerikas. Er nimmt 47 Prozent des Kontinents ein und grenzt (von Nordosten gegen den Uhrzeigersinn gesehen) an Französisch-Guayana, Suriname, Guyana, Venezuela, Kolumbien, Peru, Bolivien, Paraguay, Argentinien, Uruguay und den Atlantik. Brasilien hat so mit jedem südamerikanischen Land ausser Chile und Ecuador eine gemeinsame Grenze. Der Name Brasilien geht auf den portugiesischen Namen Pau-brasil des Brasilholz-Baumes (Caesalpinia echinata) zurück. Brasa bedeutet im Portugiesischen „Glut“ und „glühende Kohlen“; das Adjektiv brasil („glutartig“) bezieht sich auf die Farbe des Holzes, das, wenn geschnitten, rot leuchtet und in Europa zum Färben von Stoffen benutzt wurde. Diese heute vom Aussterben bedrohte Baumart war zur Zeit der frühen Kolonisation in den Wäldern der brasilianischen Atlantikküste weit verbreitet und lieferte ein wichtiges Ausfuhrprodukt der Region.

Geographie
Brasiliens Landschaft ist von ausgedehnten Regenwäldern des Amazonas-Tieflands im Norden und Hochebenen, Hügeln und Gebirgen im Süden geprägt. Während die landwirtschaftliche Basis des Landes im Süden und in den Savannengebieten des Mittelwestens (Cerrado) liegt, lebt der Grossteil der Bevölkerung in der Nähe der Atlantikküste, wo sich auch fast alle Grossstädte befinden. Brasilien hat zehn Nachbarstaaten. Es grenzt – mit Ausnahme von Chile und Ecuador – an alle südamerikanischen Staaten: (von Nordosten gegen den Uhrzeigersinn gesehen) an Französisch-Guayana mit (730 km), Suriname mit (593 km), Guyana mit (1.298 km), Venezuela mit (1.819 km), Kolumbien mit (1.645 km), Peru mit (2.995 km), Bolivien mit (3.400 km), Paraguay mit (1.290 km), Argentinien mit (1.132 km) und Uruguay mit (985 km). Die gesamte Grenzlänge beträgt 15.887 km und ist damit nach der Volksrepublik China und Russland die drittlängste Landgrenze der Erde.
Der kontinentale Teil Brasiliens liegt in zwei Zeitzonen, einige vorgelagerte Inseln gehören zu einer dritten. Siehe hierzu: Zeitzonen in Brasilien.

Höchste Berge
Der höchste Gipfel ist der 2.994 m hohe Pico da Neblina, der im gleichnamigen Nationalpark nahe der Grenze zu Venezuela und Guayana liegt. Der zweithöchste Berg ist der Pico 31 de Março (2.973 m). Der dritthöchste Berg ist der Pico da Bandeira (2.891 m). Berühmter allerdings ist der Corcovado (710 m) wegen seines Blickes über Rio de Janeiro und der 30 m hohen Erlöser-Statue.

Gewässer
Der wichtigste Fluss ist der Amazonas, seine Wasserführung von 209.000 m³/s macht ihn zum weitaus grössten Fluss der Erde, grösser als die sieben nächstkleineren Flüsse der Welt zusammen. Der längste Fliessweg seines Flusssystems misst 6.448 km; in dieser Hinsicht wird er nur noch vom wesentlich wasserärmeren Nil übertroffen. Die bedeutendsten Nebenflüsse, der Rio Madeira und der Rio Negro, sind bereits mit den grössten Strömen anderer Kontinente vergleichbar. Es folgen der Rio Icá und der Rio Tapajós. An der Grenze zu Argentinien befindet sich der Fluss Iguaçu mit dem gleichnamigen Nationalpark. Dort befinden sich die Iguazú-Wasserfälle, die dreimal grösser als die Niagarafälle sind. Der Río Paraná (3.998 km) ist wegen des zweitgrössten Wasserkraftwerkes der Welt (Itaipú) bekannt. Die Lagoa dos Patos bei Porto Alegre ist mit über 10.000 km² die grösste Lagune Brasiliens und die zweitgrösste Südamerikas. Danach kommt die weniger als halb so grosse Laguna Merín, südlich der Stadt Rio Grande.

Inseln
Zum brasilianischen Hoheitsgebiet gehören auch einige Inseln im Atlantik, z.B. die etwa 800 km vor der Küste gelegenen Sankt-Peter-und-Sankt-Pauls-Felsen, die nur mit einem Leuchtturm bebaut sind, und die ehemalige Sträflingskolonie Fernando de Noronha, die nicht weit von der Felsgruppe entfernt ist. Beide liegen auf dem mittelatlantischen Rücken. Vulkanischen Ursprungs sind die Inseln Trindade und Martim Vaz, die zum Bundesstaat Espírito Santo gehören. Das ovale Rocas-Atoll erstreckt sich über mehrere Kilometer und wurde aufgrund der außergewöhnlichen Tier- und Pflanzenwelt als Weltnaturerbe aufgenommen. Die grösste Insel aber ist Marajó zwischen der Mündung des Amazonas und dem Rio Pará, der zum Mündungsgebiet des Rio Tocantins gehört. Sie ist mit einer Fläche von etwa 48.000 km² grösser als beispielsweise die Schweiz. Da aber grosse Teile in der Regenzeit überschwemmt sind, ist die Insel nur an einigen Orten besiedelt. Da das Nordufer von Marajó eine Meeresküste ist, gilt die Ilha do Bananal im Rio Araguaia mit ihrer Fläche von 20.000 km² als grösste Flussinsel der Welt. Sie liegt in einem Nationalpark im Bundesstaat Tocantins und ist grösser als beispielsweise Jamaika.

Klima
Das Klima Brasiliens, das zwischen 5° nördlicher Breite und 34° südlicher Breite liegt, ist überwiegend tropisch mit geringen jahreszeitlichen Schwankungen der Temperaturen. Nur im subtropischen Süden herrscht ein gemässigteres Klima. Besonders im Amazonasbecken gibt es reichhaltige Niederschläge, man findet jedoch auch relativ trockene Landstriche mit teilweise lang anhaltenden Dürrezeiten, besonders im Nordosten des Landes. In den höheren Lagen im Süden des Landes fällt im Winter der Niederschlag gelegentlich als Schnee. Im Süden befindet sich an der Grenze zu Bolivien und Paraguay ein ausgedehntes Feuchtgebiet, das Pantanal.

Flora und Fauna
Noch vor Kolumbien, Mexiko und Indonesien ist Brasilien das artenreichste Land der Erde. Entdeckt wurden bislang unter anderem rund 55.000 Blütenpflanzen-, über 3000 Süsswasserfisch-, 921 Amphibien-, 749 Reptilien- und 51 Primaten-Arten. Weil die Waldfläche stetig verkleinert wird, ist ein hoher Anteil dieser Tierarten in seinem Bestand gefährdet. Der immergrüne tropische Regenwald des Amazonasgebiets ist die grösste zusammenhängende Waldfläche. Bislang wurden dort mehr als 2.500 Baumarten entdeckt. Fast alle dieser bis zu 60 m hohen Bäume finden sich im von Überschwemmungen verschonten Eté-Wald der Terra firme, die 98% des Amazonasgebiets umfasst. In diesem Gebiet wachsen u.a. der Gummibaum (caucho), verschiedene Farb- und Edelhölzer (zum Beispiel Palisander), Fruchtbäume (zum Beispiel Paranussbaum) und Heilpflanzen. Auffällig sind die etwa 1.000 verschiedenen Farn- und Orchideenarten. Neben der Terra firme gibt es die Várzea, die bei Hochwasser überschwemmt ist. Dort wachsen Jupati- und Miriti-Palmen. Das Igapó-Gebiet ist dagegen ständig überschwemmt. Als typische Pflanze in diesem Gebiet gilt die Açaí-Palme. Auf dem Amazonas, aber vor allem auf seinen Nebenflüssen, wachsen Seerosen, deren Blüten 30 bis 40 cm gross werden können. Entlang der Küste Amazoniens (mit Ausnahme der eigentlichen Amazonasmündung) finden sich ausgedehnte Mangrovenwälder, die allerdings mit sechs Mangrovenbaum-Arten verhältnismäßig artenarm sind. Besonders bekannt sind im gesamten Amazonasgebiet vor allem Papageien, Tukane und Kolibris. Es sind extrem viele Insekten- und Schmetterlingsarten bekannt. Grössere Waldtiere sind der Tapir, das Wildschwein (Pekari), der Jaguar und der Puma. Daneben bevölkern kleinere Wildkatzen, Affen, Faultiere, Gürteltiere und Ameisenbären den Regenwald. An den Ufern und Flachwässern leben Anakondas, Kaimane und Capybaras („Wasserschweine“ – die grössten Nagetiere der Welt) und weitere Säugetiere wie Riesenotter, Flussdelfine und Seekühe im tieferen Wasser. Auch zahlreiche Fischarten (etwa 1.500) sind im Amazonas beheimatet. Darunter der grösste bekannte Süsswasserfisch der Welt: Der Pirarucú ist 2 m lang und wiegt etwa 100 kg. Ein Zitteraal, der 800-Volt-Stromschläge austeilt, und die Piranhas, manche Arten gut 30 cm lang, sind ebenso aussergewöhnlich. Der äusserste Nordosten Brasiliens, früher ebenso aus Regenwald bestehend, wird mittlerweile fast ausschliesslich für Zuckerrohr-Plantagen und den Anbau von Baumwolle genutzt. Vereinzelt lassen sich noch Mangroven und Palmenhaine finden.
Die typische Vegetation des semiariden Berg- und Hochlandes im Zentrum (Cerrado) und Nordosten des Landes (Sertão) ist die Savanne, von Baum- und Grassavannen, nach Nordosten hin, zu mit Laubbäumen durchsetzter Strauchsavanne. Typische Bewohner dieser Trockenzonen sind Grosser Ameisenbär, Mähnenwolf, Pampashirsch, Nandu und verschiedene Gürteltiere. All diese Arten und daneben auch grosse Raubkatzen, wie Jaguare und Pumas werden etwa im Emas-Nationalpark, der eine Welterbestätte bildet, geschützt. Das Pantanal weist eine noch größere Tier- und Pflanzenvielfalt auf. Charakteristisch sind neben zahlreichen Vogelarten Flachlandtapir, Sumpfhirsch, Wasserschwein und Kaiman. Die Sumpfregion im Mittelwesten des Landes steht sieben Monate im Jahr unter Wasser. Höher gelegene Gebiete der Region sind überwiegend Savanne. Wie auch in denen des Cerrado und sogar im Amazonasgebiet machen sich dort Weiden für Rinder breit. In den küstennahen Gebirgen des Südens und Südostens finden sich die Schwerpunkte der kolonialen Erschliessung und die am dichtesten besiedelten Gebiete. Anstelle des ursprünglichen atlantischen Regenwaldes, Lebensraum für Affen und zahlreiche andere Tierarten, dominieren Kaffeeplantagen. Die ursprüngliche Vegetation ist nur noch in einigen Nationalparks zu finden. Der Süden zeigt subtropische Vegetation; die ursprünglichen Wälder aus Araukarien, die eine Höhe von bis zu 40 m erreichen, wurden grösstenteils für Holzgewinnung zerstört. Heute sind Niedergrassteppen in dieser Region häufiger.

Umwelt – Regenwaldzerstörung
Während der atlantische Küstenregenwald bereits zu rund 93% zerstört ist und die Reste stark fragmentiert sind, ist der tropische Regenwald des Amazonasgebietes eines der grössten noch verbliebenen Urwaldgebiete der Welt. Bis zur Ankunft der Europäer wurde er von der indigenen Urbevölkerung extensiv und nachhaltig genutzt, so dass die herbeigeführten Veränderungen der Ökosysteme der Artenvielfalt eher nutzten als schadeten. Viele der modernen Landnutzungsänderungen hingegen fügen den Wäldern immense Schäden zu. Das sind vor allem Rodungen für die Schaffung landwirtschaftlicher Flächen, die plantagenartige Land- und Forstwirtschaft (zum Beispiel Jari Projekt), aber auch Infrastrukturprojekte wie Strassen (zum Beispiel die Transamazônica und die Perimetral Norte), Minen (z.B. Serra dos Carajás) und Grossstaudämme (selbst an direkten Nebenflüssen des Amazonas wie Tucuruí oder Belo Monte). Dabei wirkt sich nicht nur der Flächenverbrauch durch die Bauvorhaben selbst aus. Die zugehörigen Strassen machen die Gebiete für den (heute vorwiegend illegalen) Holzeinschlag verfügbar. Das Holz aus diesen Wäldern wird nur zum Teil von der lokalen Bevölkerung genutzt (z. B. als Feuerholz oder für bereits in Brasilien hergestellte höherwertige Produkte wie Sperrholz, Zellstoff oder Baumaterial). Ein grosser Teil wird international gehandelt. In Brasilien gibt es rund 2.500 Unternehmen, die tropisches Hartholz kaufen und verkaufen. Die meisten von ihnen sind ausländische Grossunternehmen. Zwar sind einige Tropenhölzer wie z. B. Mahagoni mittlerweile gesetzlich geschützt, der Handel geht jedoch illegal weiter. Nach Angaben der FAO waren 2010 noch 60,1% der Landesfläche mit Urwald bedeckt, im Vergleich zu 66,9% im Jahr 1990 (ohne Berücksichtigung aufgeforsteter Flächen). Im Zeitraum 2000–2005 lag der Urwaldverlust bei jährlich 32.000 km².Auf die Gesamtfläche der Wälder bezogen gingen in den letzten zwanzig Jahren jährlich rund 0,5% verloren. Erfreulicherweise sind die Raten jedoch seit 2004 (ca. 27.000 km² jährlich) rückläufig. 2005 wurden 18.793 km² bekanntgegeben, 2006 waren es 14.039 km². Nach Angaben des deutschen BMZ lag die Entwaldungsrate 2010 „nur“ noch bei rund 7.000 km² jährlich(das entspricht ungefähr der Grösse der dänischen Insel Seeland oder 0,14% der gesamten Regenwaldfläche Brasiliens). Den Rückgang des Verlustes von Primärwald führte die Regierung Brasiliens auf die Durchsetzung ihrer Umweltstandards zurück, Umweltschützer sehen die Stärke des Real und die fallenden Sojapreise als Gründe.In der Folge beriet im Januar 2008 ein Notfallkabinett der Regierung über Massnahmen.Die Behörden zum Schutz des Regenwaldes haben mit Geld- und Personalmangel sowie Korruption zu kämpfen. Nur im Rahmen von Schutzgebieten erfährt der Amazonaswald eine relative Sicherung. So konnte 2002 das weltweit grösste Schutzgebiet (Tumucumaque) eines tropischen Regenwalds im Norden Brasiliens gegründet werden. Brasilien hat Mitte 2008 einen Fonds zum Schutz des Amazonas-Regenwaldes ins Leben gerufen und erstmals einen Zusammenhang zwischen diesem Schutz und der globalen Erwärmung akzeptiert.Die Regierung plant bis zum Jahr 2021 Investitionen von mehreren Millionen Euro, um an Stelle der Rodung nachhaltige wirtschaftliche Grundlagen für die Amazonasbevölkerung zu entwickeln. Das Land verhält sich aber gegenüber ausländischen Einflussnahmen in seine Amazonas-Politik abwehrend. Regenwaldböden sind nährstoffarm, daher ist die Vegetation auf die Wiederverwertung der Nähr- und Mineralstoffe aus der toten Biomasse angewiesen. Im tropisch heissfeuchten Klima zersetzen Mikroorganismen Laubstreu in sehr kurzer Zeit und führen sie den Pflanzen wieder zu, wohingegen kaum bodenbildende Prozesse stattfinden. Wenn aber der Wald entfernt wird und die Humusschicht gegen Sonne und Niederschläge ungeschützt liegt, oder sich somit keine neue mehr auf dem unfruchtbaren Unterboden bilden kann, trocknen diese aus und es kommt zu Erosion. Sind die gerodeten Flächen grösser, kann sich der Wald dort nicht regenerieren. Bäume binden Kohlendioxid, das in der Atmosphäre einen Treibhauseffekt bewirkt. Die in Brasilien freigesetzten Treibhausgase gehen zu drei Vierteln auf Brandrodungen und zu einem Viertel auf die Verbrennung fossiler Brennstoffe zurück.

Weitere Umweltprobleme
Ein weiteres Umweltproblem ist der Bauxit- und Goldtagebau, der die Flüsse vergiftet und die lokale Bevölkerung gefährdet. Die Goldgräber (Garimpeiros) verwenden zum Auswaschen des Goldes Quecksilber (Amalgamverfahren). Die giftigen Dämpfe entweichen in die Luft und das Schwermetall verseucht Gewässer, Böden und Grundwasser und führt damit zu schwerwiegenden Gesundheitsschäden bei Mensch und Tier. Wie überall zieht die Förderung von Erdöl Probleme nach sich: 2000 erlitt der Fluss Iguaçu eine Ölpest. Ein Jahr später sank vor der brasilianischen Küste die damals grösste Ölplattform der Welt und bedrohte das dortige Ökosystem. In den Städten hat man mit Luftverschmutzung und Abwasserproblemen zu kämpfen. In Brasilien wird dem Kraftstoff eine gewisse Menge Alkohol beigemischt. Neben umwelttechnischen Gründen (Reduzierung der Schadstoffemissionen) sind dafür hauptsächlich die Kosten verantwortlich: Ethanol ist deutlich billiger als Automobil- und Flugbenzin. Der Anteil an Ethanol im Benzin ist gesetzlich geregelt und wurde 2006 von ehemals 25% auf 20% gesenkt. In Brasilien kann man Autos fahren, die einen Ethanol-, Benzin- oder einen Flex-Fuel-Motor besitzen. Das dreimillionste Flex-Fuel-Auto wurde im Dezember 2005 verkauft. Auch die ersten Flugzeuge fliegen mit Ethanol, was die Luftverschmutzung insgesamt reduziert. Das erste mit Alkohol betriebene Flugzeug der Welt, die EMB-202 Ipanema, wurde 2002 von Embraer in Brasilien gebaut. Brasilien ist der viertgrösste Auto- und mit 12.000 Flugzeugen der zweitgrößte Flugzeug-Produzent der Welt.

Demographische Struktur
Die brasilianische Bevölkerung ist sehr jung. 28,2% sind unter 15 Jahre alt, 65,8% sind 15 bis 64 Jahre alt und nur 6,0% über 65 (Stand: 2009). Das mittlere Alter beträgt 27,4 Jahre, die mittlere Lebenserwartung liegt bei 71,4 Jahren. Sie lag 2003 bei der männlichen Bevölkerung bei 65,4 Jahre und bei der weiblichen bei 73,3 Jahren. 2003 betrug die Geburtenziffer 19,5 Neugeborene auf 1.000 Einwohner. Die durchschnittliche Kinderzahl je Frau betrug 2,1. Die Sterbeziffer betrug 6,7 auf 1.000 Einwohner. 83,3% der Bevölkerung lebten im Jahr 2003 in den Städten, die sich durch rasantes Wachstum und Wildwuchs auszeichnen; in den Außenbezirken haben sich Favelas genannte Armensiedlungen gebildet.

Bevölkerungsdichte Brasiliens
Etwa 90% der Bevölkerung konzentrieren sich auf die Bundesstaaten der Ost- und Südküste Brasiliens mit einer Bevölkerungsdichte von 20 bis über 300 Einwohner/km². Der Rest Brasiliens, mit dem Amazonas und den Bergregionen, hat zwar die weitaus meiste Fläche, aber nur eine Bevölkerungsdichte von unter 5 bis 20 Einwohner/km². Der Hauptstadtdistrikt Distrito Federal do Brasil als Stadtstaat und der Bundesstaat Rio de Janeiro haben eine Bevölkerungsdichte von über 300 Einwohner/km².

Ethnien
Ursprünglich vier Bevölkerungsgruppen bilden die brasilianische Bevölkerung. Sie sind heute jedoch so umfassend vermischt, dass eine klare Zuordnung oft nicht mehr möglich ist. Diese Gruppen sind:

  • die Portugiesen, die ursprünglichen Kolonialisten
  • die Afrikaner, die als Sklaven nach Brasilien verschleppt wurden (Afrobrasilianer)
  • verschiedene Einwanderergruppen, hauptsächlich aus Europa (Italiener, Deutsche, Spanier, Polen und Ukrainer) und Asien (Japaner, Koreaner, Libanesen und Syrer), die sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts in Brasilien angesiedelt haben. Seit 1818 sind über 300.000 Deutsche eingewandert (siehe auch Deutschbrasilianer), überwiegend in den Süden des Landes; in den Staaten Paraná, Rio Grande do Sul und Santa Catarina sind heute ca. 40% der Bevölkerung deutscher Herkunft. Eine grosse japanische Bevölkerungsgruppe lebt in Brasilien (vor allem in São Paulo), ausserdem viele Polen und Ukrainer (vorwiegend in Paraná).
  • einheimische Volksgruppen der Tupi- und Guarani-Sprachfamilien (200 ethnische Gruppen mit insgesamt etwa 500.000 Mitgliedern). Etwa zehn Prozent der Fläche Brasiliens ist für Indianer reserviert.

Etwa die Hälfte der brasilianischen Bevölkerung hat einen nicht unerheblichen Anteil afrikanischer Vorfahren, die vom 16. bis zum 19. Jahrhundert als afrikanische Sklaven in das Land gebracht wurden. Die Schwarzen haben sich jedoch im Laufe der Zeit stark mit der europastämmigen Bevölkerung vermischt. Nach einer Erhebung des IBGE im Jahre 2005 bezeichnen sich rund 49,9% der Brasilianer selbst als Weisse, 43,2 als Mischlinge (pardo) und 6,3% als Schwarze, 0,7% als Gelbe oder Indigene. Der größte Teil der afrobrasilianischen Bevölkerung lebt im Nordosten.

Indigene Bevölkerung
Die indigenen Völker in Brasilien lebten partiell von Jagd, Fischfang und Sammeln, zudem von dem fragilen Ökosystem angepasster Bodenbewirtschaftung. Ein grosser Teil der einheimischen Bevölkerung starb im Zuge der europäischen Kolonialisierung, meist an eingeschleppten Krankheiten, aber auch infolge von Zwangsarbeit oder durch Versklavung. Der Grossteil der ausserhalb des Regenwalds lebenden Indianer, insbesondere in den Städten, wurde, soweit er Gewalt und Epidemien überlebte, assimiliert und vermischte sich mit den europäischen Einwanderern. Von schätzungsweise fünf bis sechs Millionen Indios in der Zeit um 1500 brach die Bevölkerungszahl bis zum Jahr 1950 auf 100.000 ein. Bis 1997 wuchs die indigene Bevölkerung wieder auf etwa 300.000. Nach Angaben der brasilianischen Botschaft leben heute ungefähr 410.000 Indios im Land, was rund 0,2% der Bevölkerung entspricht. 2005 gab es Berichte über einen erneuten Anstieg der Zahl der in Brasilien lebenden Indios auf etwa eine halbe Million. Das grösste indigene Volk Brasiliens sind die Guaraní mit circa 46.000 Angehörigen in sieben Bundesstaaten. 100.000 bis 200.000 Indios leben heute in Städten, wodurch die indianische Kultur zunehmend verloren geht. Es bestehen zwar zahlreiche Reservate im Amazonasgebiet, doch leben nur wenige gemäss ihrer hergebrachten Kultur. Durch die Abholzung des Urwalds wird ihr Lebensraum rapide zerstört. Dabei werden die erwirtschafteten Erlöse aus dem Amazonasgebiet heraustransferiert, es mangelt also an Investitionen vor Ort oder gar Entschädigungen. Minenarbeiter und Goldgräber belasten nicht nur Flüsse und Böden mit schwerem Gerät und giftigen Chemikalien, sie bringen auch Krankheiten und Gewalt. Der Regierung wird dabei Mitschuld vorgeworfen, da Mörder nur selten strafrechtlich verfolgt werden. Außerdem vergibt sie Genehmigungen zur wirtschaftlichen Nutzung von Gebieten (z. B. zur Ölförderung), die von Indios bewohnt sind. Aufgrund dieser extrem schlechten Erfahrungen meiden an die hundert Völker möglichst jeden Kontakt.

Sprachen
Brasilien ist das einzige portugiesischsprachige Land Amerikas. Das brasilianische Portugiesisch hat einen eigenen Charakter. Es unterscheidet sich in der Aussprache und durch eine leicht abgewandelte Orthographie und Grammatik von der europäischen Variante. Das (brasilianische) Portugiesisch ist alleinige Amtssprache und für mindestens 97% der Bevölkerung Muttersprache. Die Indianersprachen werden nur noch von etwa 0,1% der Bevölkerung gesprochen, dazu zählen Guaraní, Makú, Tupi und Gês, wobei die letzten beiden vorrangig im Amazonasgebiet verbreitet sind, wo der Einfluss der Europäer gering blieb. In den Küstengegenden sind die Indianersprachen praktisch vollständig verdrängt worden. Guaraní hatte zu Kolonialzeiten eine grössere Bedeutung und ist nur knapp daran gescheitert, Amtssprache des Landes zu werden. Insgesamt werden in Brasilien 188 verschiedene Sprachen und Idiome gesprochen.

Minderheitensprachen
Aufgrund der Einwanderung gibt es in Brasilien zahlreiche Minderheitensprachen. Bis zu 1,5 Millionen Brasilianer sprechen Deutsch als Muttersprache, wobei Teilnehmer und Nachfahren der Auswanderungswelle aus Pommern zuweilen das Pommersche (Niederdeutsch) wesentlich besser beherrschen, während ihr Hochdeutsch kein muttersprachliches Niveau erreicht. Eine besonders starke pommersche Minderheit lebt im Bundesstaat Espírito Santo. Weiterhin sprechen etwa 500.000 Menschen Italienisch, 380.000 Japanisch und 37.000 Koreanisch. Dabei muss berücksichtigt werden, dass bei den Sprachminderheiten die Zahl der Sprecher sehr optimistisch berechnet ist. Diese Volksgruppen gehörten teilweise zu den ersten Siedlern, und ihre Nachfahren verstehen fast nur noch Portugiesisch. In den Ortschaften, die als Zentren für Einwanderer galten, entstanden oftmals brasilianische Dialekte der Einwanderersprache. Beispiele sind Talian, brasilianisches Italienisch, oder das Riograndenser Hunsrückisch, brasilianisches Deutsch. Bis ins 20. Jahrhundert hinein gab es (besonders im Süden) ganze Gemeinden, in denen ausschließlich Deutsch oder Italienisch gesprochen wurde, da insbesondere die deutschen Auswanderer und deren Nachfahren über eine gute Infrastruktur aus Schulen, Vereinen u. ä. verfügten und zumeist in relativ geschlossenen Kolonien lebten. Als während des autoritären Regimes des Estado Novo (1937–1945) eine Nationalisierungskampagne durchgeführt wurde, geriet die deutsche Gemeinschaft zunehmend unter Druck, da der Staat den Assimilierungsprozess forcierte. Der Eintritt Brasiliens in den Zweiten Weltkrieg bot den entsprechenden Anlass, um die Sprachen der Feindstaaten zu verbieten und deutsche und italienische Schulen zu schliessen, woraufhin das Portugiesische auch in diesen Ortschaften Einzug hielt.

Fremdsprachen
Englisch ist als Fremdsprache nicht so etabliert wie in europäischen Ländern. Obwohl Englisch normalerweise in den Schulen unterrichtet wird, fasst die Sprache nur langsam Fuss in Brasilien. Auch in den Grossstädten ist es nicht selbstverständlich, dass die Leute Englisch sprechen oder verstehen. Für gewöhnlich verstehen die Brasilianer aber zumindest ansatzweise Spanisch, auch wenn sie die Sprache selbst nicht sprechen. Als Folge der verstärkten wirtschaftlichen Zusammenarbeit der lateinamerikanischen Länder im Mercosul wird die Bedeutung des Spanischen gegenüber dem Englischen noch zunehmen. In den Grenzgebieten zu anderen südamerikanischen Ländern bildete sich das sogenannte Portunhol heraus, eine Mischsprache aus Portugiesisch und Spanisch, das die Verständigung erleichtert. Besonders im Grenzgebiet zu Paraguay ist diese Mischsprache häufig anzutreffen. Dies vor allem deshalb, weil die Grenzstadt Ciudad del Este ein wichtiger Handelsplatz für die brasilianischen Strassenhändler („Sacoleiros“) ist.

Religionen
Laut dem Zensus des Jahres 2010bekennen sich 64,6% der Bevölkerung zur römisch-katholischen Kirche. Dieser Anteil schrumpft seit Jahren immer weiter: Lag er 1960 noch bei 91%, nahm er bis 1985 auf 83% ab und betrug im Jahr 2000nur noch 73,6%. Teile des brasilianischen Katholizismus sind stark von afrobrasilianischen Traditionen beeinflusst. 22,2% der Bevölkerung sind Protestanten. Diese Konfession kam seit dem 19. Jahrhundert mit deutschen Einwanderern ins Land. Im 20. Jahrhundert haben aber vor allem nordamerikanische Missionskirchen Erfolge erzielt. So gab es seit etwa 1960 eine Zunahme protestantischer Sekten und Freikirchen. Heute gibt es 35.000 Freikirchen in Brasilien. 2,0% sind Anhänger des Spiritismus, 0,3% bekannten sich zu afro-brasilianischen Religionen wie Candomblé und Umbanda. Des Weiteren gibt es knapp 1.400.000 Zeugen Jehovas, etwa 225.000 Mormonen, 245.000 Buddhisten, meist Nachkommen japanischer Einwanderer, 107.000 Juden, über 35.000 Muslime, meist Nachkommen syrisch-libanesischer Einwanderer, und mehr als 5.500 Hindus. 8,0% erklärten, keiner Religion anzugehören.

Soziales – Land- und Vermögensverteilung
Brasilien weist eine stark ungleiche Verteilung der Vermögen auf. Der Gini-Koeffizient betrug im Jahr 2000 0,78 (0 bedeutet vollständige Gleichverteilung, 1 bedeutet, alles Vermögen gehört einem Haushalt).Dies steht im Zusammenhang mit der ungleichen Landverteilung. So waren bis 1998 2,8% der Bauern Grossgrundbesitzer mit zusammen 57% der Agrarfläche, wohingegen 90% der Bauern sich 22% der Fläche teilen mussten. Etwa fünf Millionen Familien gelten als landlos. Afro-Brasilianer, die 7% der Bevölkerung ausmachen, sind überproportional in der armen Bevölkerung vertreten. Nicht viel besser ergeht es den Indios. Ein Gleichstellungs- und Anti-Hunger-Programm gibt es seit 2003.

Bildungswesen und Wissenschaft
Die Alphabetisierungsrate des Landes liegt 2003 bei 88,4%, das Schulabgangsalter bei 16 Jahren. Die Schule zu besuchen ist Pflicht. In die Bildung fliesst ein ähnlich grosser Teil des Bruttosozialprodukts wie in Europa; in absoluten Zahlen ist das Bildungsbudget etwa so gross wie das deutsche (2004). In Brasilien teilt sich diese Summe jedoch auf eine mehr als doppelt so grosse und im Durchschnitt wesentlich jüngere Bevölkerung auf. Die staatlichen Schulen geniessen einen schlechten Ruf. Deshalb schicken finanziell besser gestellte Eltern ihre Kinder auf private Schulen. Diese unterscheiden sich in der Höhe des Schulgeldes und der Qualität des Unterrichts erheblich. In 150 Universitäten werden fast 2,8 Millionen Studenten unterrichtet. Etwas mehr als die Hälfte der Hochschulen sind staatlich. Sie sind für alle Menschen mit qualifizierendem Schulabschluss nach einer Aufnahmeprüfung frei zugänglich und gebührenfrei. Die privaten Hochschulen finanzieren sich über unterschiedlich hohe Studiengebühren. Entsprechend schwankt ihre Ausstattung und die Qualität der Lehre. An den staatlichen Hochschulen werden zweimal jährlich einheitliche und offizielle Aufnahmeprüfungen, sogenannte vestibulares, durchgeführt. Die Bewerberzahl übersteigt meist bei weitem die Anzahl der vorhandenen Studienplätze. Bewerber bereiten sich deshalb nach dem Abitur oft mit sogenannten cursinhos auf das vestibular vor, die von privaten Bildungseinrichtungen angeboten werden und dementsprechend kostenpflichtig sind. Wer im vestibular keinen Studienplatz erhält, hat die Möglichkeiten, bis zum nächsten Semester zu warten und das vestibular erneut zu absolvieren oder auf einer der privaten Hochschulen zu studieren. Bekannt sind die Forschungen zur Nutzung regenerativer Energien, die zum Beispiel beim Bau des Wasserkraftwerks Itaipú (Vorbild des Dreischluchtendamms) Anwendung fanden. Auch der Motorenbau verdient Beachtung: Das erste Auto mit Alkoholmotor lief 1979 in Brasilien vom Band und der Ingenieur Vincente Camargo entwickelte im Jahr 2005 den ersten Alkoholmotor (Methanol) für Flugzeuge, der von der Flugzeugbaufirma (Neiva-Embraer) als erstes erprobt wurde. Forschung zur Luftfahrt findet besondere Beachtung in Brasilien. Alberto Santos-Dumont – nach dem der nationale Flughafen in Rio de Janeiro benannt ist – führte die weltberühmten Luftschiffflüge um den Eiffelturm durch. Er tat vieles als Erster: Das gilt für seine Luftschiffe 1898 in Paris, die dabei benutzten Sicherheitsgurte, er erwähnte 1902 die Funktion eines Flughafens, demonstrierte bei einem Flug 1904 die Fliegeruhr, eröffnete 1905 das erste Luftfahrtmuseum in Paris, absolvierte 1906 die ersten beglaubigten und öffentlichen Motorflüge in Bagatelle und entwickelte das erste Motorflugzeug nach dem Modell Plano esporte 1909. Der ehemalige US-Präsident Bill Clinton bezeichnete ihn als „Vater der Luftfahrt“.

Gesundheit
Da dem staatlichen Gesundheitswesen nur wenig Geld zur Verfügung steht, sind viele Krankenhäuser stark renovierungsbedürftig und veraltet. Obwohl nur 15% der Ausgaben für Gesundheit in die Krankheitsprävention fliessen, konnte die Säuglingssterblichkeit seit 1970 um zwei Drittel gesenkt werden. Ein Arzt betreut im Durchschnitt 633 Patienten, 87% der Bevölkerung erhalten sauberes Trinkwasser. Die häufigsten Todesursachen sind Herzerkrankungen, Krebs, aber auch Unfälle und Gewalt. In Brasilien wird jeder im Krankenhaus oder beim Arzt behandelt, ohne eine Krankenversicherung zu besitzen. Dennoch haben viele eine Privatkrankenversicherung, die ihnen die Behandlung in privaten Häusern ermöglicht. Anfang des Jahrzehnts verklagten Pharmakonzerne aus der ganzen Welt den Staat wegen Patentrechtsverletzungen. Dem zugrunde lag die Forderung der brasilianischen Regierung, die teuren ausländischen Medikamente zu verbilligen und somit auch den erkrankten Brasilianern zugänglich zu machen, die sich die entsprechenden Medikamente nicht leisten können. Da die Konzerne dieser Forderung nicht nachkamen, stellte Brasilien für über 100.000 der mittlerweile etwa 660.000 HIV-Infizierten kostenlose AIDS-Medikamente zur Verfügung. 2001 wurde die Klage jedoch fallengelassen. 2005 kam es zu einem ähnlichen Streit zwischen Brasilien und der US-Pharmaindustrie.

Innere Sicherheit
Die Kriminalitätsrate liegt über dem weltweiten Durchschnitt. So starben gemäss einer Statistik von 2010 mindestens 35.233 Menschen durch Mord oder Totschlag. Dies entspricht einer Zahl von über 96 Tötungsdelikten pro Tag.Die Polizei hat vor allem in den Städten mit Morden, Entführungen, Raubüberfällen und organisierten Drogen- und Kriminellensyndikaten (wie etwa das Comando Vermelho in Rio de Janeiro und das Primeiro Comando da Capital in São Paulo) zu kämpfen. Das Polizistengehalt ist niedrig, deswegen gilt die Polizei als besonders korruptionsanfällig. Es ereignen sich zudem zahlreiche Fälle, in denen Polizeiangehörigen Machtmissbrauch bis hin zu Erpressung und Mord vorgeworfen wird. Auch innerhalb der Justiz ist Korruption weit verbreitet. Gefängnisaufstände in den überfüllten Haftanstalten sind keine Seltenheit. Das Leben der Kleinbauern und Indios auf dem Land ist durch Konflikte mit Grossgrundbesitzern und Unternehmen gefährdet, die nach Rohstoffen suchen. Um die hohe Zahl an Gewaltopfern zu verringern, wurde im Januar 2004 ein Gesetz vorgeschlagen, das den privaten Waffenbesitz verbieten sollte. Dieser Gesetzesvorschlag ist 2005 per Volksreferendum abgelehnt und deshalb ausgesetzt worden. Als einer der Gründe dafür wurde mangelndes Vertrauen in die Polizei genannt. Laut einem Bericht der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC, seine Abkürzung in Englisch) vom 7. Oktober 2011 lag die Mordrate bei 22,7 Delikten pro 100.000 Einwohner. Sao Paulo wird im Bericht als vorbildlich bei der Bekämpfung von Gewalt angeführt. Prävention, Projekte und Massnahmen der Repression gegen kriminelle Organisationen waren demnach die Hauptursachen. Touristen sollten zudem bestimmte Bezirke in den Grossstädten meiden. Trotz als fortschrittlich geltender Gesetzgebung zur Gleichberechtigung Homosexueller ist die Anzahl der gewalttätigen Übergriffe auf Lesben und Schwule im internationalen Vergleich sehr hoch. Dies wird auf der jährlichen Parada do Orgulho GLBT de São Paulo, der weltweit größten Gay-Pride-Parade, thematisiert.

Geschichte – Indianische Kulturen
Die ältesten Spuren menschlichen Lebens wurden in der Caverna da Pedra Pintada im Bundesstaat Piauí gefunden. Die ältesten datierten Funde stammen aus der Zeit um 11.700 BP. Um 7580 BP wurde dort Keramik genutzt (Paituna-Phase). Ebenfalls zu den ältesten Kulturen zählt die Itaparica-Phase, am Abrigo do Sol in Mato Grosso do Sul fanden sich ähnlich alte Spuren aus der Zeit zwischen 11.500 und 6.000 BP (Dourado-Tradition). Skelettfunde belegen, dass die Küstengebiete des heutigen Brasilien um 8.000 v. Chr. bewohnt waren.Die Nutzung von Nussbäumen lässt sich bis 8500 v. Chr. in Amazonien zurückverfolgen, echte Landwirtschaft setzte zwischen 6000 und 2700 v. Chr. ein – hier ist noch Vieles unklar. Vielfach wurde durch Brand das Wachstum bestimmter Pflanzen, wie etwa Palmen gefördert, die Nahrung lieferten, ein Prozess, der spätestens im 4. oder 3. vorchristlichen Jahrtausend nachweisbar ist; hinzu kam Gartenbewirtschaftung und eine zunehmende Sesshaftigkeit vieler Gruppen. Im 2. Jahrhundert n. Chr. muss die Bodennutzung äusserst intensiv gewesen sein, worauf die sogenannte Amazonian Dark Earth hinweist. Die frühen Bewohner veränderten durch Anpflanzung bestimmter Pflanzenarten sowie durch Bodenverbesserung das Ökosystem des Amazonasbeckens grundlegend. Auch ihre Ansiedlungen – etwa auf der riesigen Flussinsel Marajó – waren weit grösser als lange angenommen. Darüber hinaus bauten viele Gruppen sogenannte Mounds, häufig Begräbnishügel, die an der Küste Brasiliens, wenn sie aus Muscheln bestanden, als sambaquis bezeichnet werden. Andere stellten zeremonielle Zentren oder Residenzen dar. Der Mound-Komplex von Ibibate im bolivianischen Amazonien umfasst 11 ha, auf Marajo fanden sich allein 40 Mounds. In der Provinz Mato Grosso fanden sich zahlreiche geplante Orte, in denen Fischzucht und Landwirtschaft bis in die Zeit um 1500 betrieben wurden. Die bis zu 60 ha grossen Städte waren durch ein Strassennetz miteinander verbunden – obwohl in den meisten Gebieten das Kanu das Fortbewegungsmittel war -, es fanden sich Dämme und künstliche Teiche. Wie an vielen Stellen Amerikas dürften die Menschen am Xingu Epidemien zum Opfer gefallen sein, vor allem den Pocken.

Portugiesische Kolonialzeit
Schon 1494 beschlossen Portugal und Spanien die Aufteilung Südamerikas im Vertrag von Tordesillas. Das Land wurde nach dem in Europa sehr beliebten Brasilholz, einem roten Edelholz, das heute höchst selten ist, benannt. Dort wurde unter Vermittlung von Papst Alexander VI. eine Trennung der Interessensphären festgeschrieben, so dass die gesamte Westküste spanische, und die (zu diesem Zeitpunkt noch allgemein unbekannten) Küstenabschnitte des heutigen Brasiliens portugiesische Kolonie würden. Am 22. April 1500 landete der portugiesische Seefahrer Pedro Alvares Cabral dann beim heutigen Porto Seguro (im Süden des Bundesstaates Bahia) an der brasilianischen Küste an und nahm das Land für die portugiesische Krone in Besitz. Die Zeit von 1500 bis 1530 war von Tauschhandel mit den Einheimischen geprägt.Um jedoch den Franzosen, die unter Missachtung des Vertrags von Tordesillas auch mit den Indios Tauschgeschäfte für Rotholz machten, Einhalt zu gebieten, beschloss die portugiesische Krone, europäische Siedler nach Brasilien zu schicken.1549 wurde das heutige Salvador da Bahia (São Salvador da Bahía de Todos os Santos) zur Hauptstadt ernannt. Ab 1530 wurden Indios aus dem Landesinnern an die Küste gebracht, die die Arbeit auf den Zuckerrohrplantagen im Nordosten verrichten mussten.Wegen harter Arbeit, Verfolgung und Anfälligkeit der Indios für europäische Krankheiten starben viele von ihnen. Die Kolonialherren versuchten daraufhin, die verlorengegangene Arbeitskraft durch Sklaven aus Afrika zu ersetzen. Bis 1580 brachten die Portugiesen das ganze Land faktisch unter ihre Kontrolle. 1629 hatten sich die Niederländer in der Nähe des heutigen Recife niedergelassen und 1637 unter Führung von Johann Moritz von Nassau-Siegen diese Anbaugebiete erobert, die daraufhin nochmals kurz aufblühten. Bis 1654 stand der Nordosten, v.a. das Gebiet um Pernambuco, unter niederländischer Kontrolle. In der Schlacht von Guararapes wurden die niederländischen Truppen im selben Jahr entscheidend geschlagen und wieder vertrieben. Reiche Barockstädte entwickelten sich im 17. Jahrhundert, als Bandeirantes-Expeditionen das Hinterland erkundeten und neben anderen Bodenschätzen auch Gold und Diamanten entdeckten. Im selben Jahrhundert bauten entflohene Sklaven einfache Siedlungen, sogenannte Quilombos, auf. Als in den Quilombos Aufstände gegen die Unterdrückung der Schwarzen ausbrachen, zerstörte man bis 1699 alle Siedlungen wieder. 1763 wurde Rio de Janeiro zur Hauptstadt ernannt, weil sich das wirtschaftliche Zentrum des Landes auf den Süden verlagerte. 25 Jahre später führte der Offizier und Zahnarzt Tiradentes einen Aufstand an, der aber scheiterte. 1792 wurde der heutige Nationalheld Brasiliens hingerichtet. Gleichzeitig begann ein Konflikt mit Spanien, weil die Bandeirantes-Expeditionen die Westgrenze Brasiliens entgegen den Vereinbarungen verschoben.

König- und Kaiserreich Brasilien
1807 fielen französische Truppen von Napoleon Bonaparte nach Portugal ein, woraufhin der portugiesische König João VI. unter britischem Schutz nach Brasilien (erst Bahia, später Rio de Janeiro) flüchtete und dort erstmals den bis dahin strikt verbotenen Auslandshandel erlaubte. Mit der Übersiedlung des Königs und des gesamten Hofstaates bekam Brasilien den Status eines gleichberechtigten Mitglieds des Mutterlandes, und die Hauptstadt Rio de Janeiro war faktisch das Zentrum des damaligen portugiesischen Weltreichs mit Ausnahme des französisch besetzten Portugals. Auf dem Wiener Kongress 1815 wurde Brasilien mit Portugal gleichgestellt. Nach Abzug der französischen Truppen aus Portugal musste König João VI. 1821 gegen seinen Willen wieder nach Portugal zurückkehren, um seinen Thronanspruch zu sichern. Er überliess die Herrschaft über Brasilien seinem Sohn Pedro. Pedro I. erklärte am 7. September 1822 in São Paulo die Unabhängigkeit Brasiliens von Portugal und machte sich am 22. September zum ersten brasilianischen Kaiser. Zwei Jahre später begann die gezielte deutsche Einwanderung in Brasilien mit Gründung der ersten Kolonie São Leopoldo in Rio Grande do Sul. 1828, nach drei Kriegsjahren gegen Argentinien, löste sich die Provinz Uruguay und erklärte ihre Unabhängigkeit von Brasilien. Drei Jahre später kam es zu einem Militäraufstand, weswegen Kaiser Pedro I. abdankte und die Herrschaft auf seinen fünfjährigen Sohn Pedro II. übertrug. Der ehemalige Kaiser Pedro I. ging zurück nach Portugal und trat dort als portugiesischer König Pedro IV. das Erbe seines Vaters an. Ein Zusatzpunkt der 1822 geschaffenen Verfassung ermöglichte noch am Tag der Abdankung Pedros I. einige Reformen. So wurde die Einsetzung eines einzigen Regenten beschlossen. In der Farrapen-Revolution 1835 spaltete sich mit Rio Grande do Sul erneut eine Provinz ab, die fortan die Republik Piratini bildete, bis sie nach einem zehnjährigen Krieg mit den Regierungstruppen wieder ins Kaiserreich eingegliedert wurde. In der Regentenzeit gab es eine Reihe von weiteren Aufständen im Norden und Nordosten, die relativ schnell niedergeschlagen wurden und vor allem viele Arme das Leben kostete.

Zweites Kaiserreich Brasilien
1840, also noch vor seiner Volljährigkeit, wurde Pedro II. zum Kaiser gekrönt. 1864 erklärte Paraguay Brasilien den Krieg. Nach fünf Jahren besiegten Brasilien, Uruguay und Argentinien die Truppen Paraguays im blutigsten Krieg der lateinamerikanischen Geschichte. Obwohl die Kriegsjahre dem Land zusetzten, erlebte Brasilien aufgrund des Kautschukbooms eine gute wirtschaftliche Entwicklung. Brasilien besaß das Monopol auf Kautschuk und konnte deshalb durch dessen Export grosse Einnahmen erzielen. Die Sklaverei wurde 1888 von Kronprinzessin Isabella, einer Tochter Pedros II., mit dem „Goldenen Gesetz“ (Lei Áurea) offiziell abgeschafft. Obwohl Sklaverei bereits seit 1853 geächtet worden war, führte das Verbot zu Aufständen von Grossgrundbesitzern und der Armee. In der Folge putschte sich das Militär an die Macht, woraufhin der Kaiser am 15. November 1889 ins Pariser Exil ging und den Weg für die erste Republik freimachte.

Republik und Zeit der Weltkriege
Die erste brasilianische Republik mit föderativer Verfassung wurde am 24. Februar 1891 von Marschall Manuel Deodoro da Fonseca als Vereinigte Staaten von Brasilien (República dos Estados Unidos do Brasil) ausgerufen. In der Folgezeit etablierte sich ein oligarchisches System. Der Wohlstand war durch die grosse Kaffee-Nachfrage gesichert und die Wirtschaft konzentrierte sich auf diesen Zweig. In den Ersten Weltkrieg trat Brasilien offiziell auf Seite der Alliierten gegen Deutschland ein, beteiligte sich aber nicht aktiv. In den Kriegsjahren ging die Nachfrage nach Kaffee stark zurück. In den 1920er Jahren forderten grosse Teile der Bevölkerung ein Ende der Oligarchie. Als dann 1930 die Kaffee-Preise nochmals einbrachen, führte Getúlio Vargas, der „Vater der Armen“, einen Aufstand an und wurde so Präsident. In den ersten Monaten seiner Regierungszeit wuchs die Wirtschaft Brasiliens spürbar. 1937 wurde die Herrschaft Vargas als „wohlwollender Diktator“ festgeschrieben, 1942 erklärte er auf Druck der USA den Krieg gegen die Achsenmächte. Er entsandte eine 25.000 Mann starke Division nach Italien, die unter anderem in der Schlacht um Monte Cassino eingesetzt wurde. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Vargas von der Armee abgesetzt.

Rückkehr zur Demokratie
Schon fünf Jahre später wählte ihn das Volk erneut zum Präsidenten. Weil sich die USA gegen die sozialistische Politik Brasiliens stellte und daraufhin Rechte und die Armee Vargas’ Rücktritt forderten, beging er 1954 Selbstmord. Vargas’ Nachfolger Juscelino Kubitschek sorgte mit Hilfe der Partido Trabalhista Brasileiro (PTB) für neue, ausländische Investoren, die die brasilianische Wirtschaft in den späten 1950er Jahren ankurbelten. 1960 wurde dann Jânio da Silva Quadros zum Präsidenten gewählt. Nach seinem Amtsantritt 1961 versuchte er die Abhängigkeit zu den USA zu lösen und den defizitären Staatshaushalt zu konsolidieren. Nach nur wenigen Monaten im Amt trat er wieder zurück, sein Nachfolger wurde der bisherige Vize-Präsident João Goulart, kurz nachdem die neue Hauptstadt Brasília nach drei Jahren Bauzeit eingeweiht wurde. Auch Goulart war in der Bevölkerung nicht unumstritten, weshalb seine Befugnisse in den ersten drei Präsidentschaftswahlen nur eingeschränkt waren.

Zeit der Militärdiktatur
1964 putschte das Militär und setzte João Goulart ab. Das neue Regime unter Marschall Humberto Castelo Branco unterdrückte die linke Opposition und entzog etwa 300 Personen die politischen Rechte. Ein 1965 verabschiedetes Gesetz schränkte die bürgerlichen Freiheiten ein, sprach der Nationalregierung weitere Machtbefugnisse zu und bestimmte die Wahl des Präsidenten und Vizepräsidenten durch den Kongress. Der ehemalige Kriegsminister Marschall Artur da Costa e Silva, Kandidat der Regierungspartei ARENA (Aliança Renovadora Nacional; deutsch: Allianz zur nationalen Erneuerung) wurde 1966 zum Präsidenten gewählt. Die Brasilianische Demokratische Bewegung (MDB, Movimento Democrático Brasileiro), die einzige legale Oppositionspartei, weigerte sich aus Protest, einen Kandidaten für die Wahl aufzustellen, weil die Regierung alle ernst zu nehmenden Gegenkandidaten nicht zugelassen hatte. 1966 gewann die ARENA auch die National- und Parlamentswahlen. Das Jahr 1968 stand im Zeichen von Studentenunruhen und Streiks. Das Militärregime reagierte mit politischen Säuberungsaktionen und Zensur. Im August 1969 wurde Costa entmachtet. Das Militär bestimmte General Emílio Garrastazu Médici zu seinem Nachfolger, der Kongress wählte ihn zum Präsidenten. Unter Médici wurden die Repressionen verstärkt und in der Folge nahmen die revolutionären Aktivitäten zu. Der römisch-katholische Klerus erhob seine kritische Stimme immer öfter und prangerte die Bedingungen der armen Bevölkerung an. 1974 wurde General Ernesto Geisel, nach seiner Militärkarriere Präsident der Petrobras, der staatlichen Ölmonopolgesellschaft, zum brasilianischen Präsidenten gewählt. Aufgrund der relativen politischen Stabilität und gezielter Förderung der Industrie war die Zeit der Militärmachthaber zugleich eine Zeit des Wirtschaftsbooms; viele Investoren – auch aus Deutschland – haben in den 70er Jahren in Brasilien investiert. So avancierte São Paulo zur „größten deutschen Industriestadt außerhalb Deutschlands“, was sicherlich auch heute noch zutrifft. Anfang der 80er Jahre schwächte die Militärregierung die Repression deutlich ab, bis schließlich 1985, auch aus Mangel an eigenen Optionen aus dem Militärkader und bereits inmitten einer Wirtschaftskrise mit galoppierender Inflation, freie Wahlen zugelassen wurden.

Demokratie seit 1985
Der Wahlsieger Tancredo Neves wurde kurz vor seiner Amtseinsetzung in Brasília ins Krankenhaus eingeliefert. Wegen eines Magengeschwürs wurde er sieben Mal operiert. Er starb am 21. April 1985 an Infektionen, die er sich bei der Operation zugezogen hatte. Präsident wurde dann der zum Vizepräsidenten gewählte José Sarney. Sarney hatte mit enormen Auslandsschulden, Hyperinflation und Korruption zu kämpfen, was er mit dem „Plano Cruzado“ zuerst recht erfolgreich versuchte. Darüber hinaus musste er die neue Demokratie stabilisieren. In demokratischen Wahlen wurde 1990 Fernando Collor de Mello zum Nachfolger Sarneys gewählt. Die ersten Monate seiner Amtszeit verbrachte er mit der Bekämpfung der Inflation, die zeitweise 25% monatlich erreichte. Am 26. April 1991 wurde Mercosur (portugiesisch Mercosul) gegründet. Dieser Gemeinsame Markt des Südens, den die Staaten Argentinien, Paraguay und Uruguay gemeinsam mit Brasilien gründeten, ist ein Binnenmarkt mit mehr als 230 Millionen Einwohnern, der die Wirtschaft der Mitgliedsländer und dadurch die Stellung Lateinamerikas in der Welt stärken sollte. Im Jahr 1992 wurde Collor von seinem Bruder Pedro der Korruption bezichtigt, was zu Untersuchungen durch Kongress und Presse führte. Die dichter werdenden Beweise für Bestechlichkeit und Veruntreuung von Staatsmitteln führten zu Massendemonstrationen und Unruhen in den grossen Städten Brasiliens. Im Oktober des gleichen Jahres stimmte der Kongress dafür, Collor abzusetzen, der daraufhin zurücktrat. Verfassungsgem wurde Vizepräsident Itamar Franco sein Nachfolger. 1993 konnte die Bevölkerung Brasiliens in einem Referendumsowohl über die Staats- als auch über die Regierungsform entscheiden. Die Wahl fiel dabei eindeutig auf Republik (statt Monarchie)mit präsidialem (statt parlamentarischem) Regierungssystem. 1994 wurde eine umfassende Währungsreform beschlossen, wodurch die Hyperinflation beendet werden konnte. Hauptverantwortlich für die Einführung der neuen Währung sowie einer Reihe weiterer Maßnahmen (insgesamt als „Plano Real“ bezeichnet) war Fernando Henrique Cardoso, der diesen Erfolg bei seiner Präsidentschaftskandidatur nutzen konnte und im Oktober 1994 sowie ein weiteres Mal im Oktober 1998 zum Präsidenten gewählt wurde. Zur Sanierung des Haushalts beschloss das Parlament die Privatisierung von Staatsmonopolen, dennoch stieg die Staatsverschuldung unter der Präsidentschaft von Cardoso von 28,1% auf 55,5% des Bruttoinlandsprodukts an.Von 2003 bis 2011 war Luiz Inácio Lula da Silva von der Arbeiterpartei PT Präsident Brasiliens. Er priorisierte eine Verringerung der Staatsverschuldung, setzte aber auch soziale Programme wie „Null Hunger“ (Fome Zero) und Bolsa Família um. 2004 führte Brasilien erstmals in seiner Geschichte UN-Friedenstruppen an, das Militär entsandte 1.470 Soldaten nach Haiti. Seit 2011 ist Dilma Rousseff Präsidentin.

Wichtige Städte und Grossräume
Die bevölkerungsreichsten Grossräume (jeweils mit ihrer Hauptstadt) sind São Paulo mit etwa 20,5 Millionen Einwohnern (2005), Rio de Janeiro mit etwa 11,4 Millionen (2005), Belo Horizonte mit etwa 4,3 Millionen (2002), Porto Alegre mit etwa 4 Millionen (2004), Recife mit etwa 3,6 Millionen (2005), Fortaleza und Salvador da Bahia mit jeweils etwa 3,4 Millionen (2005) und Brasília mit etwa 2,2 Millionen Einwohnern. São Paulo ist die grösste Stadt Brasiliens, Südamerikas und gleichzeitig auch die grösste der südlichen Hemisphäre und der wirtschaftliche Motor Brasiliens. São Paulo ist das grösste deutsche Investitionszentrum außerhalb der EU und der USA. Als industrielles Zentrum des Landes zieht die Stadt kontinuierlich Einwanderer an, so dass sich die Einwohnerzahl innerhalb von 40 Jahren verdoppelte. Dieser rapide Bevölkerungszuwachs brachte der Stadt eine vorrangige Stellung in Bezug auf Finanzen, Kultur und Wissenschaft ein, aber auch Verkehrsprobleme, Umweltverschmutzung und Kriminalität. Rio de Janeiro war fast 200 Jahre lang Hauptstadt Brasiliens, bis im Jahre 1960 Brasília zur Hauptstadt ernannt wurde. Dennoch ist Rio de Janeiro die bekannteste Stadt des Landes. Bei Touristen ist sie beliebt wegen des Karnevals und der Strände, die zu den schönsten der Welt zählen. Der Tourismus hat in Rio einen hohen wirtschaftlichen Stellenwert, aber auch produzierende Industrie ist in der Stadt beheimatet. Abseits der Urlaubszentren hat die Stadt mit den typischen Problemen einer Grossstadt zu kämpfen, vorrangig mit Kriminalität und Armut grosser Bevölkerungsteile. Die Hauptstadt Brasília wurde in den 1960er Jahren innerhalb von drei Jahren erbaut. Es handelt sich um eine klassische Planhauptstadt. Sie wurde von Lúcio Costa im Auftrag des damaligen Präsidenten Kubitschek geplant, Oscar Niemeyer entwarf die Regierungsgebäude. Brasília sollte ursprünglich als glänzendes städtisches Vorbild dienen. Allerdings ging die Entwicklung in wichtigen Punkten nicht so voran, wie es die Pläne vorsahen und so ist Brasília in den äusseren Bezirken mittlerweile ebenfalls von Favelas geprägt. Heute hat die Stadt knapp 200.000 Einwohner, die Metropolregion zählt etwa 2,2 Millionen Menschen. 70% der Bevölkerung Brasiliens lebt in den Grossstädten.

Wirtschaft
Mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) von rd. 2.500 Mrd. USD (2011) ist Brasilien die sechstgrösste Volkswirtschaft der Welt. Das Pro-Kopf-Einkommen betrug zur gleichen Zeit ca. 12.600 USD. Die wirtschaftliche Struktur Brasiliens ist gekennzeichnet durch die Kernsektoren Dienstleistungen mit ca. 65%, Industrie mit 17% und Agrarwirtschaft mit ca. 6,7% BIP-Anteil („Agrarbusiness“/Produktion und Verarbeitung von Agrarrohstoffen insgesamt 25% des BIP). Die brasilianische Wirtschaft befindet sich in einem allgemein guten Zustand. Hohe Wachstumsraten, Rekorde bei Außenhandel, Investitionen und Beschäftigungszuwachs erhöhen das wirtschaftspolitische Interesse an Brasilien. Brasilien ist weltweit eine der am schnellsten wachsenenden Volkswirtschaften. Man erwartet, dass es 2015 die fünftgrösste Volkswirtschaft der Welt sein wird. Wirtschaftsreformen brachten dem Land internationale Anerkennung. Brasilien ist ein Gründungsmitglied der BRIC-Staaten. Das wichtigste wirtschaftspolitische Massnahmenpaket ist seit Januar 2007 das Programm zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (PAC – Programa de Aceleração do Crescimento). Das Gesamtvolumen der vor allem für Infrastrukturprojekte vorgesehenen PAC-Mittel beträgt über 1,1 Bio. Reais (ca. 380 Mrd. €). Ein Grossteil der Investitionen soll durch öffentliche und private Unternehmen erfolgen (Anteil öffentlicher Haushalte und Sozialversicherungen beträgt etwa 14%). Nach Regierungsangaben wurden bis Ende Dezember 2010 ca. 619 Mrd. R$ der geplanten Investitionssumme ausgegeben und von insgesamt ca. 1.500 Vorhaben über 94,1% bis Ende Dezember abgeschlossen. 2010 wurde der PAC, durch „PAC2“ verlängert, noch einmal kräftig aufgestockt: Das Konjunkturprogramm für den Zeitraum 2011 bis 2014 hat seinen Schwerpunkt in den Bereichen Energie, Infrastruktur und sozialer Städtebau. Es sieht ein Ausgabevolumen von 980 Mrd. R$ (ca. 400 Mrd. €) vor, den größten Teil davon im Energiebereich (465 Mrd. R$). Der Ölkonzern Petrobras ist eine Staatsfirma und zählt zu den grössten Energieunternehmen der Welt und zu den wenigen, deren Erdölproduktion weiter zunimmt. 2008 wurde in der Tiefsee vor Rio de Janeiro das Ölfeld Tupi entdeckt, der weltweit grösste Fund der vergangenen Jahre. Brasilien zählt inzwischen zu den Ölexporteuren. Petrobras sieht sich als führend in der Technik der Tiefseebohrung. Der Bergbaukonzern Vale ist das profitabelste Unternehmen Lateinamerikas und der grösste Eisenerzproduzent der Welt. Neben Bergwerken und Verladehäfen gehört ihm auch ein Großteil des brasilianischen Bahnnetzes. 1997 wurde der Staatsbetrieb privatisiert. Indirekt hat allerdings die öffentliche Hand, über staatliche Pensionsfonds und die Investitionsbank BNDES, noch grossen Einfluss. 2007 übernahm Vale, geführt von Roger Agnelli, den kanadischen Wettbewerber Inco, den grössten Nickelproduzenten der Welt. Auch der Flugzeughersteller Embraer hat einen staatlichen Hintergrund, gehört inzwischen aber mehrheitlich privaten Eignern. Unter dem Chef Mauricio Botelho entkam der Konzern einer schweren Krise. Embraer hat sich auf kleine Regional- und Firmenjets spezialisiert. Hinter den Platzhirschen Airbus und Boeing sicherte sich die Firma so Platz drei auf dem Weltmarkt – ein erfolgreiches Beispiel für den Export brasilianischen Know-hows. Auch die Lufthansa hat nun bei Embraer bestellt. Brasilien wird im Allgemeinen ein grosses ökonomisches Potential zugeschrieben. Das liegt unter anderem an der fortgeschrittenen Industrialisierung, politischer Stabilität und an der großen Menge an Rohstoffen, insbesondere gewaltiger Vorkommen an Eisen. Ebenso stärkt die südamerikanische Zollunion Mercosul den Markt in Lateinamerika und eröffnet auch der brasilianischen Wirtschaft weitreichende Möglichkeiten. Neben den lateinamerikanischen Staaten sind die Volksrepublik China, die USA und die Europäische Union die wichtigsten Handelspartner. Im Aussenhandel hat die Volksrepublik China die USA im März 2009 als wichtigsten Handelspartner Brasiliens überholt. Hauptproblem bei der Ausschöpfung dieses ökonomischen Potentials sind allerdings die hohen Kosten („Custo Brasil“) im Land. Darunter fallen etwa Kosten durch die schlechte Logistikinfrastruktur, hohe Steuern, hohe Finanzierungskosten oder das hohe Lohnniveau verbunden mit Fachkräftemangel im Land. Laut Industrieverband CNI stiegen die Lohnkosten im Jahr 2012 mit 5,1 Prozent doppelt so stark wie die Umsätze der Unternehmen in Brasilien. Hohe Logistikkosten verbrennen 20 Prozent der Umsätze der Unternehmen. Der Custo Brasil bedeutet grundsätzlich hohe Steuern. Begünstigungen zur Förderung von Investitionen werden regional gewährt, vor allem im Hinterland. Ein weiteres Problem sind hohe Finanzierungskosten. Die Notenbank hat seit Mitte 2011 die Zinsen zwar deutlich gesenkt, was auch die Überbewertung der Landeswährung Real korrigiert hatte. Langfristige zinsgünstige Kredite mit einem Niveau von 5 Prozent p.a. vergibt lediglich die nationale Entwicklungsbank BNDES. Finanzierungskosten für ausländische Unternehmen in Brasilien sind höher als für nationale Unternehmen. Dem Custo Brasil wird seitens der Regierung nun der Kampf angesagt. Bis 2016 sind Investitionen in Infrastruktur und Logistik von knapp 70 Milliarden Euro geplant. Für 2013 wird daher wieder ein Wirtschaftswachstum von 3,5 Prozent prognostiziert, die Industrie-Produktion soll wieder um über 5 Prozent zulegen. Ein besonderer Wachstumsschub wird von der Fußball-Weltmeisterschaft 2014, den Olympischen Spielen 2016 und der Erschliessung der 2008 entdeckten umfangreichen Rohöl- und Erdgasvorkommen an der südöstlichen Atlantikküste erwartet. Geplant sind umfangreiche Investitionen privater und öffentlicher Unternehmen für die sportlichen Grossereignisse.

Entwicklung
Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts lebte die Bevölkerung vor allem vom Export von Agrarprodukten. Dann gab es aufgrund der beginnenden Industrialisierung des Landes einen zunehmenden Mangel an Arbeitskräften, der sich nach Abschaffung der Sklaverei im Jahre 1888 noch weiter verschärft hatte. Dies lockte eine grosse Zahl von Einwanderern an, die grössten Gruppen unter ihnen, neben Portugiesen und Spaniern, waren Deutsche, Italiener, Polen und Japaner. Während des Ersten Weltkriegs geriet das Land in eine wirtschaftliche Krise, weil die wichtigsten Exportartikel (Kaffee, Zucker, etc.) von einem enormen Preisverfall betroffen waren. Hilfe kam durch Kapital und Einwanderer aus Grossbritannien. Mit Ausnahme des Ersten Weltkriegs wuchsen die Wirtschaft und das Verkehrsnetz in den ersten 30 Jahren des 20. Jahrhunderts stetig. 1917 kam es zu ersten grossen Streikwellen in São Paulo und Rio de Janeiro, auf die die Regierung mit Unterdrückung reagierte. In den 1920er Jahren bildeten sich Arbeiterparteien und Gewerkschaften, doch dies führte nicht zu einer stärkeren Stellung im Staat, da sie keine Vertretung in oberen Schichten hatten. Auch die Leutnantbewegung Tenentismo ab 1922 konnte daran nichts ändern, da Versuche einer Revolution scheiterten. Ein aktuelles Problem der brasilianischen Wirtschaft ist die steigende Urbanisierung und Zuwanderung der Landbevölkerung in die Städte. Allein in Brasilia steigt sie pro Jahr um drei Prozent, was in den Armenvierteln katastrophale Auswirkungen hat. Mit grossen, gut entwickelten Landwirtschafts-, Bergbau-, Produktions-, und Dienstleistungssektoren auf der einen Seite und einem grossen Vorrat an Arbeitskräften auf der anderen ist die brasilianische Wirtschaft heute die kräftigste Südamerikas und gewinnt auf dem Weltmarkt an Bedeutung. Die wichtigsten Exportprodukte sind Kaffee, Kakao, tropische Früchte, Sojabohnen, Zucker und Eisenerz. 40% der brasilianischen Agrarausfuhren gehen in die EU, 17% in die USA. Anfang 2011 betrug die Anbaufläche für Soja 24,08 Mio. Hektar (240 800 km²). Eine Steigerung von 611 000 Hektar im Vergleich zum Erntejahr 2009/2010. Die Zuckerindustrie in Brasilien ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor des Landes. Mit einer Produktion von mehr als 500 Millionen Tonnen Zuckerrohr, die zu etwa gleichen Teilen zu Zucker und Bioethanol und zu einem kleinen Teil zu Zuckerrohrschnaps verarbeitet werden, ist die Zuckerindustrie Brasiliens mit Abstand die grösste weltweit. Auf den meist von „Zuckerbaronen“ beherrschten Zuckerrohrplantagen herrschen äusserst schlechte Bedingungen. Menschen arbeiten teilweise in sklavenähnlichen Verhältnissen in riesigen Monokulturen. Zu den grössten Herausforderungen für die brasilianische Wirtschaft zählen nach wie vor die Inflation und die Kluft zwischen einer wohlhabenden, gut ausgebildeten Bevölkerungsminderheit und der schlecht ausgebildeten Mehrheit, die grösstenteils am Rande des Existenzminimums lebt. Es gibt eine grosse Bewegung von Landlosen, die Movimento dos sem terra (MST), die für eine Landreform kämpfen. Wichtige brasilianische Unternehmen sind: Petrobras (Erdöl), Companhia Vale do Rio Doce (Bergbau), Gerdau (Metallverarbeitung), AmBev (Getränke), Embraer (Flugzeugbau), Norberto Odebrecht (Baugewerbe), Sadia (Lebensmittel). Auch grosse ausländische Unternehmen wählten Brasilien zum Schwerpunkt ihrer südamerikanischen Aktivitäten, so der Volkswagen-Konzern, Nestlé, Parmalat oder der Fiat-Konzern.

Tourismus
Der Tourismus ist in Brasilien noch nicht sehr bedeutend und macht nur etwa 0,5% des Bruttosozialprodukts aus. Der weltweite Durchschnitt liegt bei 10%. Die jährliche Besucherzahl liegt bei etwa 4,8 Millionen. Beliebt sind vor allem die Strände und der Karneval von Rio de Janeiro, die Hauptstadt Brasília, das Amazonasbecken, der Nordosten mit seinen Stränden und Kultur und die Wasserfälle von Iguaçu. Die relativ geringe Anzahl an Touristen (auf einen Besucher kommen in Brasilien 37 Einheimische, in Deutschland nur etwa 4,6) ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen. Die Infrastruktur muss ausgebaut werden. Die In- und Auslandsflüge sind teuer, da es im ganzen Land noch wenige Charterflüge gibt. Der Nordosten, sehr beliebt bei den Inlandtouristen, wird langsam von den Europäern entdeckt. Nicht nur die Natur und die reiche Kultur, sondern auch die Entfernungen spielen eine Rolle. Fortaleza liegt z.B. etwa sieben Flugstunden von Lissabon und etwa acht Flugstunden von Madrid entfernt. Es gibt mittlerweile direkte Flüge (Sowohl Charter- als auch Linienflüge) aus verschiedenen europäischen Städten nach Fortaleza, Natal, Recife und Salvador. Ab Kap Verde mit der TACV fliegt man weniger als vier Stunden nach Fortaleza. Es gibt auch Direktflüge z.B. aus Cayenne (französisch Guayana) und Helsinki.

Architektur
Im Amazonasbecken herrschen die primitiven Indianerhütten vor, in anderen Bundesstaaten, zum Beispiel Minas Gerais, sind dagegen prachtvolle und historische Städte, erbaut im Barock, und ebenso prachtvoll dekorierte Kirchen zu finden (Ouro Preto, Mariana, Congonhas). Kolonialarchitektur bestimmt in einigen Küstenstädten des Nordostens noch das Bild (Olinda). Die grössten Architekten des Landes Oscar Niemeyer, der als Wegbereiter der brasilianischen Architektur gilt, sein früherer Dozent Lúcio Costa und Roberto Burle Marx gestalteten gemeinsam den schönsten brasilianischen Wohnpark „Pampulha“ in Belo Horizonte. Der damalige Initiator war der spätere Präsident Juscelino Kubitschek, der in einer seiner ersten Amtshandlungen als mächtigster Mann im Staat das dreiköpfige Team erneut zusammenrief, um das Projekt Brasília zu beschliessen. Denn die Hauptstadt Brasília ist Höhepunkt brasilianischer Architektur, sie wurde erst in den 1960er Jahren errichtet und unterliegt einem genauen Plan. Nach einer Ausschreibung, bei der der Sieger mit Lúcio Costa schon vorher feststand, plante Costa den Aufbau der Stadt, Niemeyer war wie schon in Pampulha für die meisten Gebäude zuständig und Burle Marx entwarf Plätze und Parks. Brasília ist heute berühmt für modernistische Gebäude. Zu den Meisterwerken der brasilianischen Moderne gehören auch die Bauwerke Paulo Mendes da Rocha, der 2006 den Pritzker-Preis erhielt, und in den Jahrzehnten ab 1954 das Bild der Metropole São Paulo durch den Club Athletico Paulistano (1958), die Kapelle von Sankt Peter in Campos de Jordão, Brasilien (1987) und das Museu Brasileiro de Escultura – Brasilianisches Skulpturenmuseum in São Paulo (1988) formten. Diesen durch streng geometrischen Betonbauten geprägten Avantgarde-Stil bezeichnet man unzutreffend als „brasilianischer Brutalismus“.

Sport
National- und auch Volkssport des Landes ist Fussball. Die brasilianische Fußballnationalmannschaft ist fünfmaliger Weltmeister und damit die erfolgreichste Nationalmannschaft der Welt. Darüber hinaus gewann Brasilien achtmal die Copa América, die Südamerika-Meisterschaft. Für viele Fussballfreunde gilt darüber hinaus Pelé als einer der besten Fußballer aller Zeiten. Auch andere Spieler wie Arthur Friedenreich, Garrincha und Zico zählten zu den besten ihrer Zeit. Die Auszeichnung als Weltfussballer des Jahres erhielten zudem Romário, Ronaldo, Rivaldo, Ronaldinho und Kaká. Auch in der aktuellen Mannschaft spielen viele international bekannte Stars. Die Nationalmannschaft der Damen gehört ebenfalls zur Weltspitze, auch wenn ihr ein WM- oder Olympiasieg noch nicht gelang, und hat mit Marta Vieira da Silva die wohl beste Spielerin der Welt in ihren Reihen. Ein Grossteil der Bevölkerung spielt aber Fussball unter einfacheren Verhältnissen, beispielsweise in den Favelas auf Sandplätzen (Campos). Für viele Kinder und Jugendliche in den Favelas ist die Aussicht, Fussballprofi zu werden, eine der wenigen Möglichkeiten, der Armut zu entgehen. Brasilien wird innerhalb von gut zwei Jahren Schauplatz der beiden bedeutendsten Sportereignisse der Welt sein: 2014 wird in Brasilien die Fussballweltmeisterschaft ausgetragen. Das Land war einziger Bewerber für den Austragungsort der WM. 2016 finden die Olympischen Sommerspiele in Rio de Janeiro statt. Dies wird die erste Austragung Olympischer Spiele auf dem südamerikanischen Kontinent. Sehr beliebt ist auch Volleyball. Die Nationalmannschaft der Herren wurde 2002, 2006 und 2010 Weltmeister, die der Damen 2008 Olympiasieger. Besonders für Beachvolleyball ist das südamerikanische Land bekannt, bei Weltmeisterschaften gewann es mehr Medaillen als jedes andere Land. Zudem wurde Footvolley, eine Mischung aus Fuss- und Volleyball, in Brasilien erfunden. Eine weitere beliebte Mannschaftssportart ist Basketball. Die Nationalmannschaft der Herren wurde zweimal Weltmeister, die Damen-Nationalmannschaft gewann 1994 den WM-Titel. Brasilien ist Gastgeber des Grossen Preises von Brasilien, des letzten im Formel-1-Rennkalender verbliebenen lateinamerikanischen Grand Prix. Das Land hat mit Emerson Fittipaldi, Nelson Piquet und Ayrton Senna drei mehrfache Weltmeister hervorgebracht. Starke Anteilnahme fand in der Bevölkerung die Beerdigung Ayrton Sennas 1994. Zwei Rennstrecken wurden für Formel-1-Rennen genutzt: Das Autódromo Internacional Nelson Piquet bei Rio de Janeiro und das Autódromo José Carlos Pace bei Interlagos. Erfolgreichster Tennisspieler Brasiliens ist Gustavo Kuerten, der drei Mal die French Open gewinnen konnte, bedeutendster Leichtathlet des Landes war der Dreispringer und zweifache Olympiasieger Adhemar Ferreira da Silva. Der Olympiasieger und mehrfache Weltmeister César Cielo ist der erfolgreichste Schwimmer des Landes. Auch im Segelsport ist Brasilien erfolgreich. Mit Rodrigo Pessoa, Olympiasieger 2004 und Weltmeister 1998 und seinem Vater Nelson, Europameister 1966, besitzt Brasilien auch erfolgreiche Springreiter. Als typisch brasilianisch kann Capoeira bezeichnet werden, was besser mit dem Begriff Kampftanz denn mit Kampfsportart kategorisiert wird. Capoeira wurde von der schwarzen Bevölkerung praktiziert. Da es den Sklaven nicht erlaubt war, irgendeine Art von Waffen zu tragen, entwickelten sie Capoeira als Form der Selbstverteidigung: Sie verbindet kämpferische Elemente mit Akrobatik, Spielerei und Tanz. In den vergangenen Jahrzehnten entwickelte sich eine gewisse Mode um Capoeira. Sie ist mittlerweile in der ganzen brasilianischen Bevölkerung verbreitet und findet auch im Ausland Beliebtheit. Im Zuge der in den letzten Jahren wachsenden Verbreitung der Kampfsporte und -künste aus dem MMA und insbesondere Grappling – Bereich erlangten international Vale tudo, Luta Livre und BJJ grosse Anerkennung.

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