Bunjee-Jumping für Götter

Bunjee-Jumping für die Götter
Der souveräne Inselstaat Vanuatu liegt Mitten im Südpazifik. Um zu gewährleisten, dass sich die Götter bei der jährlichen Yamswurzel-Ernte gnädig zeigen, stürzen sich die Inselbewohner von einem zehn Meter hohen Holzturm kopfüber in die Tiefe. Dabei sind ihre Knöchel lediglich an zwei separaten Lianensträngen festgebunden. Ein Aberglaube besagt, dass es Glück bringt, mit dem Kopf auf dem Boden aufzuschlagen. Fotograf Steve Davey machte diese spektakulären Aufnahmen des Rituals, dass die Einheimischen «Naghol» nennen. Seit vielen Generationen stürzen sich die Inselbewohner von Pentecost bei dieser vorzeitlichen Form des Bungee-Jumpings in die Tiefe. Auch, wenn die Sprünge in den meisten Fällen gut ausgehen, bleibt die Gefahr doch real. Ausgerechnet bei einem Staatsbesuch von Königin Elisabeth II. im Jahr 1974 kam ein Springer ums Leben. Ein weiterer Dorfbewohner war nach einem schweren Sturz im Jahr 2006 querschnittsgelähmt und 2011 starb ein Kameramann, als einer der Holztürme einstürzte. Auch Steve Davey wurde beinahe Zeuge eines fatalen Unfalls, als einer der Lianenstränge riss. «Der Springer trudelte völlig unkontrolliert in der Luft und schlug auf dem Boden auf. Daraufhin setzte er sich auf und schaute verdutzt auf die gerissene Liane. Er war sich offenbar im Klaren darüber, dass er dem Tod noch einmal von der Schippe gesprungen ist. Doch er war bei weitem nicht der Einzige. Auch einige der anderen Springer landeten recht unsanft auf ihrem Kopf. Sie mussten daraufhin auf wackeligen Beinen von anderen Dorfbewohnern gestützt werden.»

Das «Naghol» findet vorwiegend in den Monaten April und Mai, während der Regenzeit, statt. Dann sind die Lianen nicht so ausgetrocknet und wesentlich dehnbarer. Die Dorfbewohner errichten den Holzturm, suchen die Lianen aus und errechnen, welche Länge die Stricke haben müssen, ganz ohne Hilfe von technischen Hilfsmitteln. Der Turm wird auf einem Abhang errichtet und ist zwischen sechs und zehn Metern hoch. Der Boden wird vor den Sprüngen umgegraben, um die Erde weicher zu machen. Dennoch braucht man für das Ritual jede Menge Mut. Das gefährliche Ritual wird von Tänzen und Gesängen der Dorfbewohner begleitet. Sie sollen den Springern Mut machen, sie motivieren, von immer höheren Plattformen zu springen. «Die Springer arbeiten sich von unten nach oben durch», erzählt Steve Davey. «Je höher die Männer kommen, desto arroganter werden sie. Ich glaube, dass sie sich mit ihren stolzen Posen selbst Mut zusprechen wollen. Der letzte Springer macht das meiste Theater im Vorfeld. Daraufhin stürzt er sich ohne zu Zögern in die Tiefe.»

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